Elisabeth Bolz
200 x 100 x 6 cm (h x w x d)

Meine Jugend hat begonnen, als ich mit 16 von daheim weggegangen bin. Ich wollte eine andere Stadt als Reutlingen kennenlernen, frei sein von den Vorgaben der Familie. Mein Vater war Glasmaler. Ich wollte so gerne nach Heidelberg, weil es so oft besungen wurde. Ich fand das so romantisch. Mein Vater hat mich in Bad Urach untergebracht, im Haushalt einer angesehenen Familie. Bei der Familie lernte ich, mich um den Haushalt zu kümmern. Es war damals normal, dass eine Frau das Kochen beherrschen muss.

In der Freizeit haben wir nicht so viel unternommen. Alles was Geld gekostet hat, war verboten. Ich bin früher gerne mit meinen Geschwistern Rollschuhe gefahren. Man durfte sich auch nicht so sehr vergnügen, dafür war der Krieg zu nah. Musik und Tanz gab es allerhöchstens an Hochzeiten. Unsere Generation hat das Tanzen nie gelernt und hatte auch keine jugendliche Musik.
Wir haben damals von den nur angedeuteten Küssen geschwärmt. Wir konnten uns das Küssen ja nicht vorstellen. Das war damals tabu. Wir durften zuhause auch nicht sehen, wie die Eltern sich küssen.

Ich habe meinen Mann mit sechzehn in der Nachbarschaft kennengelernt. Er hatte ein Motorrad. Das war damals so üblich, Autos waren viel zu teuer. An Pfingsten sind wir zusammen zum ersten Mal zum Bodensee gefahren. Wir haben bei einem Bauern übernachtet. Damit er uns aufnimmt, haben wir gesagt, dass wir Geschwister sind.
Wir haben mit zwanzig geheiratet. Das verliebt sein kam mit der Ehe. Erst dann haben wir uns richtig frei und jung gefühlt. Das war für mich meine eigentliche Jugend. Davor gab es so viele Einschränkungen. Wir mussten zunächst bei den Schwiegereltern wohnen. Aber wir waren sehr glücklich, weil wir als verheiratetes Paar endlich gewisse Freiheiten hatten. Heute sehen die jungen Leute nur die große Verantwortung und die Last, die im Heiraten steckt. Für uns war es eine große Freiheit, und die habe ich sehr genossen.

Interview und Textfassung: Silke Brüggemann

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