Franz Xaver Ott
200 x 100 x 3 cm (h x w x d)

Ich bin in Hayingen auf der Schwäbischen Alb aufgewachsen, ein kleiner Ort mit etwa 1000 Einwohnern. Wir hatten einen Bauernhof, auf dem meine Eltern, meine Großeltern, meine drei Geschwister und ich zusammengewohnt haben. Das Leben war recht traditionell und katholisch geprägt: Wir mussten sonntags in die Kirche, zur Kommunion, Firmung, das volle Programm. Unser Nachbarhaus in Hayingen war eine alte Gastwirtschaft, der „Wilde Mann“. Daran grenzte das ehemalige Stadttor des Ortes. Das Haus sollte abgerissen werden, um einen breiten Durchgang für Autos und Fußgänger zu schaffen. Es gab große Proteste, bei denen ich aktiv dabei war, und in deren Rahmen ein Verein gegründet wurde, in dem junge Leute und auch einige Lehrer zusammenkamen. Wir haben dem Stadtrat damals Vorschläge gemacht, wie man das Haus nutzen könnte. Letztendlich wurde es abgerissen.

Theater – Die Poesie des Schwäbischen: In dieser Zeit, ich war 17 Jahre alt, besuchte ich ein Konzert, an dessen Ende Martin Schleker auf die Bühne kam, Leiter des Naturtheaters Hayingen, eine bekannte Freilichtbühne mit langer Tradition bei uns im Ort. Er sagte, dass dringend Leute fürs Theater benötigt würden. Da ich das Theater mit seiner besonderen Verknüpfung von historischen, aktuellen, regionalen und politischen Themen schon lange interessant fand, meldete ich mich. Damit begann eine spannende Zeit: Ich habe Kulissen gebaut, Plakate und Flyer verteilt und erste kleine Episodenrollen übernommen. Das war der Beginn meiner Theaterlaufbahn. Mich fasziniert die Poesie und Eigenart des Schwäbischen, deswegen habe ich viele Stücke in meiner Muttersprache geschrieben. Ich wollte neben dem Mainstream die schwäbische Identität fördern und die Lust am Alternativsein hat mich mein ganzes Leben über begleitet.

Mit 21 bin ich aus der Kirche ausgetreten. Meine Familie wusste davon nichts – bis ich kurz darauf Vater geworden bin: Nun ging es darum, das Kind taufen zu lassen oder nicht. Natürlich waren wir als so junge Eltern überfordert. Meine Freundin war 20 und gerade am Ende ihrer Ausbildung. Ich hatte mit 19 in meinem Heimatort eine Ausbildung zum Erzieher angefangen, die kritisch beäugt worden war.

Wir haben bei meinen Eltern mietfrei gewohnt, wollten bewusst wieder aufs Land und in die Natur. Die romantische Idee des Landlebens ging jedoch nicht auf. Als unser Sohn vier war, sind wir nach Reutlingen gegangen, wo meine Freundin ein Studium angefangen hat. In der Kindertagesstätte meines Sohnes gab es anfangs Probleme: Er war komplett mit dem Schwäbischen aufgewachsen, und die anderen Kinder, ausschließlich hochdeutsch geprägt, dachten wohl, er hätte einen Sprachfehler. Also hat mich die Leitung der Kindertagesstätte gebeten, ob ich nicht mit einer kleinen Aufführung versuchen könnte, die Situation zu entschärfen. Nach meinem Auftritt als schwäbischer Clown war der Sprachfehler Mythos aus der Welt geräumt. Nach zwei Monaten war unser Sohn auch des Hochdeutschen mächtig.

Interview und Textfassung: Leonie Müller

Exhibited by:

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